Analysen
Veröffentlicht von Dennis Kallerhoff

Warum der LinkedIn-Deal für Microsoft Sinn macht


Microsoft hat gestern das Business-Netzwerk LinkedIn – Vorbild für Xing in Deutschland – gekauft. Vanity Fair schreibt dazu:

Microsoft will purchase LinkedIn in an all-cash $26.2 billion sale, the companies announced Monday. Microsoft C.E.O. Satya Nadella has agreed to pay $196 per share for the business-oriented social networking giant, which has more than 400 million members.

Der Grundtenor in sozialen Medien scheint eher negativ zu sein. Nach dem Motto: „Jetzt geht es mit LinkedIn den Berg runter.“ Ich schließe mich der Sichtweise nicht an. Aus Microsoft-Sicht kann ich den Deal nachvollziehen. Zwei Gründe für den Deal:

Kundenprofile für Bing

Das Unternehmen aus Redmond hat große Pläne für seine Suchmaschine Bing. Über eine Einbindung in Office und in Cortana (das Siri von Microsoft) soll die Reichweite erhöht werden. In UK und in USA konnte der Marktanteil in den letzten Jahren deutlich erhöht werden. Auch in Deutschland ist der Marktanteil – zugegeben auf geringem Niveau – auf 7% gestiegen (lt. eigener Aussage von den Bing Days).

Die Reichweite wird über Werbeanzeigen monetarisiert. Werbetreibende verlangen heutzutage eine Möglichkeit mit ihren Anzeigen effizient nur bestimmte Zielgruppen anzusprechen – sogenannten Targeting. Hierfür benötigen Microsoft Kundenprofile.

Niemand hat bessere Kundenprofile als soziale Netzwerke. Warum? (a) Nutzer haben ein eigenes Interesse möglichst relevante und komplette Daten in ihrem Profil zu hinterlegen. Zudem animiert LinkedIn Nutzer immer mehr Drittdaten auf die Plattform zu stellen, z.B. Blogposts. Das Netzwerk soll der eine Ort sein, wo sich das ganze digitale berufliche Leben abspielt. Alles gute Daten, die ein umfangreiches Kundenprofil ergeben. (b) Nutzer müssen sich einloggen. Dadurch sind sie eindeutig und geräteübergreifend zu erkennen und zuzuordnen. Nix mit Cookies, Fingerprinting & Co. Exakte Zuordnung von Nutzern zu Profilen.

Wenn es Microsoft nun schafft die über 400 Mio. Nutzerprofile von LinkedIn mit Besuchern auf Bing zu verknüpfen, kann das Targeting für Werbetreibende auf ein neues Level gehoben werden. Zudem hat Microsoft mit LinkedIn eine Seite mit einer Gazillion Visits ins Werbe-Inventar bekommen.

Integration in CRM

Microsoft bietet mit Dynamics ein CRM an, welches seit Jahren gut wächst:

The Customer Relationship Management (CRM) business has been growing at double digit rates for years. It has been estimated that the industry size exceeds $20 billion. CRM is critical for any company, regardless of size. It’s a database–usually a cloud based database–that holds information about anyone and any company that is in communication with your company. We’re not just talking customers. We’re talking prospects, vendors, suppliers, service providers and partners.

Für ein CRM ist es elementar Kundendaten (im weitesten Sinne) und eine Kundenhistorie verfügbar zu haben. Wenn ich neben (a) eigenen, im CRM gepflegten Daten auf (b) die Profile der LinkedIn-Nuzter zugreifen kann, dann ist das ein großes Plus für alle Nutzer von Dynamics.

Salesforce – der größte Konkurrenten von Microsoft im Bereich CRM – wird das nicht gefallen. Würde mich nicht wundern, wenn die Importmöglichkeiten von LinkedIn nach Salesforce zufällig bald verschwinden. AdWeek schreibt dazu:

„LinkedIn is one of the best new business sales tools in the world of [business-to-business] and in many ways competes head on with Salesforce,“ Langley said. „When Microsoft integrates LinkedIn with its [customer relationship management] suite … what you have is a hugely powerful tool that is truly differentiated and one that poses a real threat to Salesforce.“

Im Kern geht es bei der Akquisition von LinkedIn um Daten – und zwar in einer solch guten, strukturierten Qualität, wie sie nur wenige besitzen.

PS: Bitte LinkedIn nicht zu einem zweiten Yammer verkommen lassen, liebes Microsoft. Das wäre schade.


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