Analysen
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Veröffentlicht von Dennis Kallerhoff

Facebook zementiert seine Macht – mit mehr Privatsphäre


Am Mittwoch, den 6. März, überraschte Mark Zuckerberg die Fachwelt mit seinem Post „A Privacy-Focused Vision for Social Networking„.

Zuckerberg beschreibt zwei Arten von Social Networking: das Öffentliche mit Facebook & Instagram („digital equivalent of a town square“) und das Private mit WhatsApp & Facebook Messenger („digital equivalent of the living room“). Social Networking verstehe ich dabei als Aktivität zwischen Mitgliedern eines sozialen Graphen – sei es Kommunikation, das Posten von Bildern oder Teilen von News.

Over the last 15 years, Facebook and Instagram have helped people connect with friends, communities, and interests in the digital equivalent of a town square. But people increasingly also want to connect privately in the digital equivalent of the living room. As I think about the future of the internet, I believe a privacy-focused communications platform will become even more important than today’s open platforms. Privacy gives people the freedom to be themselves and connect more naturally, which is why we build social networks.

Was im ersten Schritt aussieht wie eine Abkehr des alten Facebook Mantras „Öffentlich ist besser“, ist strategisches Kalkül. Ich glaube nicht, dass Mark Zuckerberg aus den letzten Datenskandalen wirklich gelernt hat. Mit „A Privacy-Focused Vision for Social Networking“ zementiert Facebook seine Macht, und schließt die offene Flanke „private Kommunikation“ für zukünftige Wettbewerber. Warum?

Wachstumsfeld: „Private Messaging“

Facebook sieht in kleinen privaten Gruppen oder in der 1:1 Kommunikation das größte Wachstumsfeld im Bereich Social Networking. Ein Feld, in dem Facebook seine dominierende Position sichern und ausbauen möchte.

Today we already see that private messaging, ephemeral stories, and small groups are by far the fastest growing areas of online communication. There are a number of reasons for this. Many people prefer the intimacy of communicating one-on-one or with just a few friends. People are more cautious of having a permanent record of what they’ve shared. And we all expect to be able to do things like payments privately and securely.

Dass es den Bedarf nach privater Kommunikation gibt, zeigte das Aufkommen von Snapchat seit 2011. Snapchat probierte dieses Feld mit dem Pitch „private Kommunikation, nicht permanent“ zu besetzen, schafft es bis heute aber nicht ein veritables Geschäftsmodell aufzubauen.

Facebook möchte zukünftigen Wettbewerbern – oder Snapchat – gar nicht erst die Chance geben groß zu werden. Das Unternehmen kündigte sechs Maßnahmenfelder an, die ersten drei lauten:

  • Private interactions. People should have simple, intimate places where they have clear control over who can communicate with them and confidence that no one else can access what they share.
  • Encryption. People’s private communications should be secure. End-to-end encryption prevents anyone — including us — from seeing what people share on our services.
  • Reducing Permanence. People should be comfortable being themselves, and should not have to worry about what they share coming back to hurt them later. So we won’t keep messages or stories around for longer than necessary to deliver the service or longer than people want them.

Facebooks Denkweise lässt sich am Beispiel „Encryption“ gut demonstrieren. Ende-zu-Ende-Verschlüsselung (E2EE) ist technisch anspruchsvoll, selbst Snapchat und Telegrammsetzen diese nicht vollumfänglich ein. Facebook erklärt Verschlüsselung nun zu einem Standard für kommende Messenger-Dienst und erhöht die Eintrittsbarriere für Wettbewerber durch technische Komplexität (=hohe initiale Kosten für die Entwicklung einer Anwendung).

Mehr noch: Bei E2EE kann der Anbieter – sei es Facebook oder wer auch immer – nicht mitlesen. Damit ist es unmöglich ein Geschäft auf Basis von personalisierter Werbung aufzubauen – dem Geschäftsmodell, mit dem Facebook groß geworden ist. Wie sollen sich Messenger-Wettbewerber finanzieren? Wie sollten sie groß werden? Es bleibt imho nur die Möglichkeit eine App bezahlt zu vertreiben, was Nutzerwachstum massiv behindern wird.

Facebook wiederum kann sich den Luxus leisten WhatsApp & den Messenger nicht vollumfänglich zu monetarisieren. Das können sie, weil sie an ihrem Kernprodukt „Facebook.com“ nichts ändern.

Facebook bleibt wie es ist

Mark Zuckerberg kündigte keine Änderungen an Facebook oder Instagram an. Die Geld-Druck-Maschine bleibt unangetastet, viele Bedenken zur mißbräuchlichen Nutzung von persönlichen Daten wurden ignoriert. Die „Privacy-Focused Vision for Social Networking“ ist eine Ergänzung zu Facebooks bestehenden Produkten, kein Ersatz.

Public social networks will continue to be very important in people’s lives — for connecting with everyone you know, discovering new people, ideas and content, and giving people a voice more broadly. People find these valuable every day, and there are still a lot of useful services to build on top of them. But now, with all the ways people also want to interact privately, there’s also an opportunity to build a simpler platform that’s focused on privacy first.

Facebook, Instagram, die über das Internet verbreiteten „Like“-Button sammeln Unmengen von Daten. Das Unternehmen Facebook hat quasi genug Informationen, so dass es nicht auf Inhalte von Chats angewiesen ist. Aus einer Kombination von Meta-Daten und den restlichen Bestandsdaten, lassen sich bestimmt passende Werbeformate bauen.

Wettbewerber haben diesen Datenpool nicht. Und werden ihn durch die neu angekündigten Sicherheitsstandards wie Ende-zu-Ende Verschlüsselung nie bekommen.

Long story short: „A Privacy-Focused Vision for Social Networking“ erlaubt es Facebook den Messenger-Space zu besetzen, und beraubt zukünftige Wettbewerber einer Geschäftsgrundlage. Die Maßnahmen sind aus Nutzersicht begrüßenswert. Aber: Facebook hat nichts zu verschenken!


E-Commerce Junkie seit 2006 | Freund von Digitalisierung, Automatisierung und guten Online-Strategien

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