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Veröffentlicht von Dennis Kallerhoff

Twitter – kurz verschnaufen, dann weiter wachsen


Nach Facebook wurde auch Twitter nach seinem letzten Quartalsbericht von der Börse abgestraft. Am 27.07. sank der Aktienkurs um mehr als 20% – und hat sich seitdem kaum erholt. Eine Überreaktion oder angemessen?

Twitter beobachte ich schon lange. In 2008 schrieb ich einen Artikel auf Kassenzone über die Nutzung von Twitter für Unternehmen. Das US-Unternehmen fand ich immer spannend, auch wenn Twitter schwierige Zeiten hinter sich hat. Aber: Twitter hat es geschafft die Nutzerbasis zu vergrößern und arbeitet inzwischen profitabel. Die Aktie hat dieses Jahr einen Höhenflug hingelegt und sich fast verdoppelt. Nun kam der Quartalsbericht.

Analyse: wirtschaftlich top, Nutzer – es kommt drauf an

Es lässt sich festhalten: wirtschaftlich entwickelt sich Twitter ausgezeichnet. Das ehemals chronisch defizitäre Unternehmen schreibt im dritter Quartal in Folge schwarze Zahlen, und auch der Umsatz wächst ordentlich.

KennzahlQ2 2018Q2 2017YoY
Umsatz711m USD574m USD+24%
Ergebnis100m USD-116m USDN/A

Haupttreiber des Umsatzwachstums waren die Werbeerlöse, welche um 23% auf 602m USD gewachsen sind. Auch die Umsätze aus der Datenlizensierung sind um 29% gestiegen und machen inzwischen ca. 15% des Umsatzes aus. Die Ergebnismarge liegt bei 14%.

Aber: die Umsatzzahlen waren in meinen Augen nie das Problem. Im September 2016 schrieb ich:

Um es vorab zu sagen: Twitter hat kein Umsatzproblem. Twitter hat ein Nutzerproblem. Wer beim Unternehmen aus San Francisco primär den Umsatz bewertet, betrachtet die falsche Metrik. Im Vergleich zu Facebook schauen Umsatz wie auch Ergebnis bescheiden aus. Geschenkt. Aber: Twitter zeigt eine positive Entwicklung des ARPU (Average Revenue Per User), also den Umsatz pro aktiven Nutzer. Bis Q3/2015 wuchs der ARPU mit gleichen Raten wie bei Facebook. Deutlich über denen bei LinkedIn. Twitter hat den Vorteil, dass seine Werbeformen nativ sind. Die Werbung ist ein Tweet. Es wirkt nicht so fremd wie Banner-Werbung.[…]

Nein, dass Twitter seine Nutzer nicht monetarisieren kann, glaube ich keine Sekunde. Das Problem ist das Nutzerwachstum. Der Dienst schafft es nicht neue Nutzer von sich zu überzeugen.

Und was das Nutzerwachstum angeht, sind die Ergebnisse gemischt.

  • Die monatlich aktiven Nutzer lagen bei 335 Mio. – ein Anstieg von 9 Mio. verglichen mit Vorjahr, aber 1 Mio. Nutzer weniger als im letzten Quartal.
  • Die täglich aktiven Nutzer sind um 11% im Vergleich zum Vorjahr gewachsen – das siebte Quartal in Folge mit zweistelligen Wachstumsraten.

Vor allem die erste Kennzahl hat die Anleger geschockt, da es aussieht, als ob Twitter Nutzer nicht halten kann. Auf den zweiten Blick handelt es sich um eine erwartbares Event. Twitter hat in den letzten Monaten begonnen, die Plattform von Spam-Accounts zu befreien. Im Shareholder Brief schreibt das Unternehmen:

We are making active decisions to prioritize health initiatives over near-term product improvements that may drive more usage of Twitter as a daily utility.

Zur Einwertung: ich glaube, nicht das Twitter durch den Rückgang von einer Million monatlichen Nutzern ein Problem hat. Ein „sauberes“ Twitter wird zu keinem Umsatzrückgang führen. Im Gegenteil: die Aufräum-Arbeiten können dazu beitragen, neue Werber auf die Plattform zu ziehen.

Die viel interessantere Metrik ist die Anzahl der täglich aktiven Nutzer, und die ist gestiegen. Bei Twitter geht es um Erlebnisse und Aktualität, nicht darum die Nachrichten der letzten Woche nachzulegen. Gute aktuelle Empfehlungen sollten zu einer täglichen Nutzung führen.

Fazit: Kurzes Aufräumen, dann weiteres Wachstum

Twitter hat im Moment weder ein Umsatz noch ein Nutzerproblem. Twitter wird nur dann ein Problem haben, wenn sie das nächste Jahr nicht in die Produktentwicklung investieren und nur Aufräumen. Denn ohne eine Produktneuentwicklung wird ein hohes Nutzerwachstum nicht zu halten sein. Und mit 3.500 Mitarbeitern und 3 Mrd. USD in der Bank, sollte auch ein wenig Produktentwicklung drin sein.

Fotoquelle: Photo by John McArthur on Unsplash


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